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Musiker müsste man sein. Da wird man für ein schönes Hobby auch noch bezahlt.

Nun, das ist nur die eine Seite. Die andere Seite aber ist harte Arbeit und viel Stress. Was kaum jemand weiß: rund zwei Drittel aller Berufsmusiker leiden unter typischen Musikerkrankheiten.

Übrigens, auch viele Freizeitkünstler klagen über entsprechende Beschwerden. Musik ist natürlich schön, aber mitten in einem Orchester kann es richtig laut werden. Wer als Streicher jahrzehntelang direkt vor Pauken und Trompeten sitzt, erleidet mit der Zeit Hörschäden. Denn dort werden Geräuschpegel gemessen, die manchmal lauter sind als ein Jumbo-Jet beim Start. Der Cellospieler muss sein Instrument in einer ziemlich unnatürlichen Körperhaltung zum Klingen bringen, vorwärts gebeugt und mit den Armen um das Cello herum. Auf Dauer kann das zu erheblichen Schulter-, Arm- und Rückenbeschwerden führen.

Oder nehmen wir die Querflöte. Dabei muss der Kopf etwas gedreht und die linke Schulter angehoben werden. Darunter leidet die Wirbelsäule, Armnerven können eingeklemmt werden und es kommt zu Schmerzen und Gefühlsstörungen bis in die Finger.

Auch Instrumente wie Oboe und Klarinette sind nicht ohne. So spricht man vom Klarinetten-Daumen. Das ist eine Arthrose, Gelenkverschleiß also, entstanden dadurch, dass allein der rechte Daumen die Klarinette hält, und die wiegt einiges. Oder, wenn Sie mal das Mundstück einer Oboe aus der Nähe betrachten: Um durch diese enge Öffnung genügend Luft zu blasen, muss der Oboist Kraft aufwenden. Wenn da die Atemtechnik nicht einwandfrei ist, kommt es zu Schäden am Gebiss.

Oder, die Violine: Hautreizungen am Hals bis zum allergischen Ekzem, dort wo das Instrument mit dem Kinn festgehalten wird, sowie Verspannungen der Muskulatur im Schulter- und Rückenbereich sind hier typische Leiden.

Man kennt auch den sogenannten "Musikerkrampf". Der berühmte kanadische Pianist, Glenn Gould, soll darunter gelitten und sich deswegen aus dem Konzertsaal zurückgezogen haben. Einer seiner Finger gehorchte nicht mehr richtig. Wahrscheinlich weil das im Gehirn gespeicherte Bewegungsprogramm der Hand gestört war. Es wird vermutet, dass einer von 500 Musikern davon betroffen ist. Das Problem taucht übrigens nur auf, wenn das Instrument gespielt wird und nicht bei normalen alltäglichen Handlungen.

Sie sehen, Musiker zu sein, ist manchmal keine ungetrübte Freude. Eben weil der Musiker oft in einer unnatürlichen oder verkrampften Haltung arbeitet, sind Ausgleichsport und Ausgleichgymnastik sehr hilfreich. So wird zum Beispiel Bassisten, wegen ihrer vorübergebeugten Haltung am Instrument empfohlen, regelmäßig zu schwimmen.
Und das ist nicht nur für Bassisten gut.

Dennoch sollten Eltern sich nicht abschrecken lassen und ihre Kinder trotz alledem ermuntern, ein Instrument zu lernen. Es ist nämlich nachgewiesen, dass Kinder und Jugendliche, die musizieren, weniger aggressiv sind, intelligenter werden und erfolgreicher durch die Schulzeit kommen.

(Südwestrundfunk, Der Teledoktor)