Zum Hauptinhalt springen

Musikermedizin: Ein Fachgebiet mit einer rasanten Entwicklung

An den meisten Musikhochschulen bestehen inzwischen eigene Lehrbereiche im Fach Musikphysiologie und Musikermedizin.

Bereits vor knapp 40 Jahren wurde in Deutschland der erste Lehrstuhl an der Hochschule für Musik und Theater in Hannover eingerichtet, der sich aus medizinischer Sicht mit den physiologischen Grundlagen des Musizierens beschäftigte. Bis heute hat das Fachgebiet der Musikermedizin eine rasante Entwicklung erfahren. Die 1994 gegründete Deutsche Gesellschaft für Musikphysiologie und Musikermedizin (www.dgfmm.org) hat derzeit circa 450 Mitglieder – Ärzte unterschiedlicher Fachrichtungen, Psychologen, Physiotherapeuten, Körper-, Atem- und Stimmtherapeuten, Instrumental- und Gesangspädagogen sowie Orchestermusiker. Die Fachgesellschaft veranstaltet jährlich Symposien sowie internationale Kongresse.

Mittlerweile bestehen an der Mehrzahl der deutschen Musikhochschulen eigene Lehrbereiche im Fach Musikphysiologie und Musikermedizin. Das Institut für Musikermedizin in Hannover und das 2005 in Kooperation von Musikhochschule und Universitätsklinikum gegründete Freiburger Institut für Musikermedizin unterhalten zusätzlich jeweils eine stark frequentierte Ambulanz. In jüngerer Zeit wurden auch an den Musikhochschulen in Dresden und Köln neue Lehrstühle geschaffen. Um den Besonderheiten der Tätigkeit des Musikers gerecht zu werden, sind spezifische präventive und therapeutische Maßnahmen erforderlich. Die Musikermedizin befasst sich außerdem mit instrumentenspezifischen ungünstigen ergonomischen Spielpositionen, präzisen Bewegungsanforderungen sowie hohem äußeren und inneren Leistungsdruck.

Die Ursprünge der heutigen musikermedizinischen Bewegung liegen in den USA. Schon in den 80er Jahren kristallisierten sich drei Bereiche heraus, die bei professionellen Instrumentalisten bis heute das Hauptbeschwerdespektrum abdecken: zentrale und periphere Störungen der Bewegungsabläufe, Auftrittsängste und Erschöpfung als Folge erheblicher Leistungsanforderungen sowie Einschränkungen des Gehörs nach jahrelanger Musikausübung. Bei Sängern bestehen in ähnlicher Weise funktionelle Stimmstörungen und Auftrittsängste.

Stand ursprünglich die medizinische Behandlung von Musikern im Mittelpunkt der Musikermedizin, so haben inzwischen Prävention und Gesundheitsförderung einen immer größeren Stellenwert bekommen. Zum Thema Lampenfieber und Auftrittsangst kann in Deutschland und international auf eine langjährige wissenschaftliche und klinische Expertise zurückgegriffen werden (siehe nebenstehendes Interview mit Prof. Spahn). Den aktuellen Stand der Behandlungskonzepte in der Musikermedizin fasst ein im Herbst 2010 im Schattauer-Verlag erschienenes Standard-Lehrbuch zusammen.

(Deutsches Ärzteblatt)